ANNE WANNER'S Textiles in History / books

 
  Sticken und Weben im Bergkloster, by Ursula Karbacher, p. 243 - 271, in: Das Benediktinerinnen Kloster Maria-Rickenbach in Geschichte und Gegenwart, by Achermann Hansjakob/Haller-Dirr Marita (Red.); Stans, 2007. 312 pages, 200 coloured photos,
310 x 235 mm. Verlag Historischer Verein Nidwalden, Stans. ISBN 978-3-906377-10-0 - at sFr. 60.00, in german language.
http://www.hvn.ch/dynamic/bestellung.asp?detailid=125&seiid=44


  Die Schwestern vom Benediktinerinnenkloster Maria Rickenbach in Niederrickenbach, Schweiz, feiern am 2. Sept. 2007 ihr 150 jähriges Bestehen. Zu diesem Jubiläum erschien ein Buch, das ihre vielfältigen Tätigkeiten zeigt:
ihr Gottesdienst mit Anbetung, die Schultätigkeit (sie wird allerdings heute nicht mehr ausgeführt), die Ateliers für Weben und Sticken, Ort der Stille für Gäste, das Sammlen von Heilkräutern auf Alpwiesen.
In einem ersten Teil des Buches werden Geschichte und Kunst betrachtet, der dritte Teil ist dem Beten und den Arbeiten der Schwestern gewidmet, währenddem im zweiten Teil mit vielen Photoaufnahmen ein Einblick in Gegenwart vermittelt wird.

Den Aufsatz über Sticken und Weben im Bergkloster verfasste Ursula Karbacher, darauf sei hier näher eingegangen:
Seit 1866 verfertigten die Schwestern Paramente, Fahnen, Trachten, Kirchenzierden und seit 1951 auch Gewebe. Schwester Agnes Dalie (1839-1915) erlernte 1863 die Plattstickerei im Kloster St.Andreas in Sarnen. Nach einigen vergeblichen Versuchen, sich auch in die altkirchliche Paramentik einführen zu lassen, halfen sich die Schwester selber und studierten Bücher und Vorlagen. Als Zeichnerin wurde ihnen Josephine Bannwart aus Freiburg i.Br. vermittelt, die 1864 nach Rickenbach kam, später auch ins Kloster eintrat und hier als Schwester Ottilie wirkte. Sie schloss sich den Vorstellungen von Canonicus Bock an, der in der Paramentik mittelalterliche Vorlagen wiederbeleben wollte.
Seit 1875 unterrichtete die Malerin Amalie Benninger (1809-1899) die Klosterfrauen und versuchte ihnen den Beuroner Stil nahe zu bringen. Von den Schwestern liess sich besonders Sr. Ottilie davon beeindrucken, sie reiste später nach USA und war in der Folge im Kloster Maryville, Missouri, verantwortlich für die Paramentenherstellung im Beuroner Stil.

Die Rickenbacher Schwestern stellten ihre Arbeiten 1871 an der Nidwaldner Gewerbe- und Industrieausstellung in Stans sehr erfolgreich aus. In der Folge vermehrten sich die Aufträge. Auch im Sommer 1879, an der ersten Zentralschweiz. Ausstellung für Kunst und Gewerbe waren Arbeiten aus Niederrickenbach zu sehen.
Von 188 bis 1904 ist die enge Zusammenarbeit mit dem Stickereibetrieb Huber-Meyenberger in Kirchberg belegt. Für diese Firma fertigten die Schwestern handgestickte Bilder, besonders Herz-Jesu-Darstellungen. Später wurden vor allem Private, Klöster und Pfarreien beliefert. Nach 1900 waren die Motive des Gnadenstuhls nach Dürers Anbetung der heiligen Dreifaltigkeit, wie auch das Thema des Guten Hirten beliebt.

 

 

 
 

rote Kasel, vor 1900,
Benediktinerinnenkloster Maria Rickenbach

  Ausschnitt mit Dreifaltigkeitsmotiv
(Gnadenstuhl), Nadelmalerei
 

 
 

zum 100 jährigen Jubiläum der
Pfarrkirche Beckenried, 1890

  Ausschnitt, Maria,
Nadelmalerei
 
  Die damals entstandenen Arbeiten heute wiederzufinden ist trotz den im Kloster vorhandenen Rechnungsbüchern nicht einfach. Bekannt ist jedoch, dass die Schwestern häufig für die Pfarrkirche in Beckenried arbeiteten. Ein Eintrag vom 25. Oktobert 1890 nennt eine bestickte Kasel samt Zubehör, bestellt von Pfarrer Joseph Agner (1849-1906). Agner war ein Bruder von drei Rickenbacher Stickerinnen. Heute noch gibt es in Beckenried eine 1890 datierte Kasel, reich bestickt mit Figuren in Nadelmalerei mit ausdrucksstarken Gesichtern.
Das Kloster Engelberg bestellte immer wieder Weissstickereien für Chorröcke, Alben, Ministrantenröcke, Decken für Leuchterbänke und Kredenztische, aufgeführt z.B. in einer Rechnung von 1943. Einiges davon befindet sich heute noch in Engelberg
Unter anderem verzierten die Schwestern auch Schützenfahnen, Kirchen- und Vereinsfahnen. Im Rechnungsbuch steht am 17. Sept. 1892, dem Turnverein Stans sei eine rotseidene gestickte Vereinsfahne zu Fr. 220.- geliefert worden. Heute befindet sich diese Fahne im Staatsarchiv Nidwalden.
Seit 1924 gibt es mehrere Bestellungen der Aargauer Trachtenschneiderin Marie Fischbach-Meyer aus Villmergen. Paramentenstickereien waren nun in diesen Jahrten weniger bedeutend, doch findet sich in den Rechnungsbüchern am 10. Jan. 1946 noch der Eintrag einer Anzahlung für einen weissen Ornat vom Chorherrenstift Luzern.
Die Namen der stickenden Klosterfrauen oder der Zeichnerinnen sind selten und erst in neuerer Zeit bekannt. Meisterin bis 1967 war Sr.M. Edeltrud Fischer. Auf sie folgte Sr.M. Agnes Bieri (1921-2006), die vor ihrem Klostereintritt die Kunstgewerbeschule Luzern besucht hatte. Sr.M Clara Kölbener (1914-2002), Sr.M. Goretti Stutz und Sr.M. Paula Knecht (1910-1963) arbeiteten mit diesen Meisterinnen zusammen. Entwürfe für Fahnen entstanden seit 1950 meistens durch Künstler, welche die Auftraggeber selber wählten.

 

 
 

Pluviale, 1904, mit Herz Jesu Moriv
Benediktinerinnenkloster Maria Rickenbach

  gewebtes Messgewand, Entwurf Sr.M. Agnes Bieri,
Benediktinerabtei Engelberg, um 1975
       
  Ein gesonderter Abschnitt ist der klösterlichen Webstube gewidmet. Im frühen 20. Jh. hatte sich bereits in der Stickerei eine Reform der Ornamentik angebahnt. Eine Reform der Form ging vom Kapuzinerinnenkloster in Stans aus. Dort begannen die Künstlerin Regina Amstad (1897-1986) und Sr.M.Augustina Flüeler Priestergewänder auf einem breiten Webstuhl zu weben. Mit der Liturgiereform seit 1964 entsprach die bassgeigenförmige Kasel mit verziertem Rücken nicht mehr den Bedürfnissen, da der Priester sich jetzt den Gläubigen zuwandte.
Die Neuerungen blieben den Klosterfrauen in Maria-Rickenbach nicht unbekannt. P. Leo Hilber, der seit 1929 an der Stiftsschule in Engelberg Zeichnen und Aesthetik lehrte, gab auch den Klosterfrauen Unterricht. Sr. Edeltrud Fischer erhielt zudem die Erlaubnis einen Nachmittag pro Woche die Kunstgewerbeschule in Luzern zu besuchen. Ein Aufenthalt in Maria Hilf auf den Gubel ZG hatte sie übezeugt, dass Neuerungen nötig seien und nach langem Bitten konnte sie bei Berta Geisshüsler in Kleinwangen bei Luzern das Handwebern erlernen. Seit 1951 erscheinen erstmals Webereien in der Jahresrechnung des Klosters. In der Folge trafen immer mehr Bestellungen für gewobene Kaseln ein. Nach der Aufhebung der Paramentikwerkstatt des Stanser Kapuzinerinnenklosters St. Klara im Jahr 1973 blieben die Benediktinerinnen von Maria Rickenbach die einzigen, welche kirchliche Gewänder fertigten.

Auch gewebte Fahnen entstanden im Kloster. Ihre Herstellung war aufwändig, wegen der zahlreichen dazu benötigten Weberschiffchen. Meistens wurden Fahnen für Jubiläen bestellt, ihre Einweihung war denn auch mit oftmals grossen Festivitäten verbunden.

Zusammenfassend würdigt Ursula Karbacher die Arbeit der Klosterfrauen von Maria-Rickenbach. Seit 1863 bemühten diese sich um die Paramentenstickerei, die sie zuerst im Selbststudium und auch mit Hilfe von Engelberg und von Privaten entwickelten. Später geschah Aehnliches auf dem Gebiet der Weberei. Neben Priestergewändern entstanden Vereins- und Kirchenfahnen, die seit 1960 nicht mehr bestickt sondern in der der Weberei verwandten Wirktechnik entstanden. Schliesslich übertrafen die Einnahmen der Fahnenherstellung diejenigen der Fertigung von Paramenten. Der Stundenlohn blieb immer sehr niedrig, doch konnten die Schwestern mit ihren Textilarbeiten jährlich einen ansehnlichen Betrag in die Klosterkasse einbringen. Mit diesen Arbeiten trugen die Benediktinerinnen von Niederrickenbach wesentlich zu ihren Auskommen bei.

 

 
 

Vereinsfahne in Wirktechnik für
Männerchor Hitzkirch, 2001.
Entwurf: José de Nève

  Ausschnitt aus Vereinsfahne Hitzkirch
 

home content Last revised 12 Dezember, 2007