ANNE WANNER'S Textiles in History   / Ikle collection
 
Die Sammlung Ikle und das Textilmuseum St.Gallen
 
  Leopold Ikles Unterstützung erhielt die im Aufbau begriffene St. Galler Textilsammlung im Industrie- und Gewerbemuseum (heute Textilmuseum), indem er dieser Institution im Jahre 1901 einen grossen Teil seiner Sammlung schenkte und den Katalog mit 1467 Nummern verfasste (Druckjahr 1908). Später kamen dazu rund 100 koptische Wirkereien und ca. 600 ethnographische Textilien. In den folgenden Jahren vergrösserte sich Ikles private Sammlung, und er gab zusammen mit Dr. Adolf Faeh, Tafelwerke mit hervorragenden Spitzen heraus.

Am 18. September 1923 und an folgenden Tagen wurde in Zürich im Zunfthaus zur Meise jener Sammlungsteil versteigert, welcher der Sammler behalten und seit 1901 weiter vergrössert hatte. Im Vorwort zum Auktionskatalog heisst es, diese Textilsammlung gehöre zu den "reichhaltigsten und veilseitigsten, die je von sachkundiger Hand als ein Lebenswerk zusammengetragen wurden. Ein grosser Teil der in Zürich angebotenen Spitzen und Stickereien erwarb Leopolds Neffe John Jacoby (1896-1953). Nach dessen Tod konnte das Textilmuseum im Jahre 1955 die Jacoby-Sammlung kaufen, und dadurch gelangten unter anderem weitere Stücke der ehemaligen Leopold Ikle-Sammlung nach St. Gallen.

 
     
  Für St.Gallen bedeutsam waren Leopolds Bruder und Partner Adolf Ikle (1852-1923) sowie Ernest Ikle (1848-1936), Leiter der Pariser Filiale Ikle freres. Ernest interessierte sich vor allem für die Technik der Maschinenstickerei. In seinem Werk "la broderie mechanique" zeigt er die technische Entwicklung der Maschinenstickerei anhand von Beispielen. Die Grundlagen zum Buch bilden eine eigene kleine Sammlung, die ebenfalls im Textilmuseum St.Gallen aufbewahrt wird.  
  Auch Leopold Ikles Sohn Fritz Ikle-Huber (1877-1945) sammelte Textilien. Sein Lebenswerk, eine Typensammlung für textile Techniken, befindet sich seit 1945 im Völkerkundemuseum Basel. In der Einleitung des 1948 erschienenen Kataloges wird die Sammlung als "einzigartiges Studienmaterial" und Fritz Ikle als "der jedenfalls beste schweizerische Kenner textiler Arbeiten aller Völker und Arten" bezeichnet. Er hatte "zum ersten Mal in klarer Weise die natürlichen technischen Grundlagen erfasst, die allein zu einwandfreien systematischen Gliederungen führen können".  
  Spitzen, Stickereien, koptische Gewebe hatten sich in der Familie Ikle über die Jahre weiterhin erhalten. 1989 entschloss sich die dritte Generation dieses Erbgut in London zur Versteigerung zu geben. Unter den 251 aufgeführten Textilien befanden sich rund 20 Arbeiten schweizerischer Herkunft, darunter zehn sogenannte Leinenstickereien. Einigen schweizerischen Museen gelang es, sieben davon in die Schweiz zurückzukaufen.  
 
Das Textilmuseum St.Gallen ist mit der Stickerei-Industrie eng verbunden. Heinrich Bendel, erster Museumsdirektor von 1878 bis 1883, formulierte die Aufgabe des Instituts wie folgt:
"Das Industrie- und Gewerbemuseum bezweckt die Pflege und Foerderung des ganzen Erwerbswesens unserer Stadt, unseres Kantons, unseres Industriegebietes. Seine Wirkung gilt in erster Linie der derzeit alle anderen Industriezweige überholenden Textilindustrie ...". Einzelne Sammlungsstücke wurden zum Teil im Ausland erworben. Regelmässig erweiterten grössere und kleinere Schenkungen die Bestände.
 

Versteigerungskatalog 1923


farbige Abbildung aus Katalog:
Wandteppich, ev. Brüssel, 16. Jh.
nach A.Dürers Marienleben

Seite mit Beispielen von Spitzen


Versteigerungskataloge:
Sammlung Leopold Ikle, St.Gallen, Bd. 1: Text, Bd. 2: Tafeln, Zürich 1923
Textilsammlung J. Meyer-am Rhyn, Luzern, Zürich 1923
The Ikle Collection, Christie's, South Kensington, Perth, Scotland 1989

Ausstellungskataloge:
Catalogue de l'art ancien, Groupe 25. Exposition National Suisse Genève 1896.
Katalog zur Ausstellung Mensch und Tier, St.Gallen 1975

 
Literaturhinweise:
Faeh Adolf, die Sammlung Ikle, Zürich o.J.
Ikle Leopold, Textilsammlung Ikle, St. Gallen, 1908
Ikle Leopold und Faeh, Adolf, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Spitze, hgg. Kaufm. Directorium St.Gallen, Zürich (1913)
Faeh Adolf, Leopold Ikle (1838-1922), Gedenkblätter unter Zugrundlegung seiner Memoiren, St.Gallen, o.J.
Ikle, Ernest, la broderie méchanique 1828-1930, Paris 1931
Bühler-Oppenheim, Alfred und Kristin, die Textilsammlung Fritz Ikle-Huber, Zürich 1948
Wanner Anne, Leinenstickereien des 15.-17. Jhs, aus der ehemaligen Sammlung Leopold Ikle, St.Gallen 1990
Wanner Anne, Muster und Zeichen, St.Gallen 1996

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