ANNE WANNER'S Textiles in History   /  machine embroidery /schiffli

 
b) Tuell Maschine
c) Raschel Maschine
   
  Die Tüllmaschine und die Leavers-Maschine
(Bobinetmaschine) und ihre weiteren Entwicklungen:
Die nach französischen Stadt Tulle benannten Tüll-Netze werden seit 1808 auch maschinell hergestellt. Die Bobinentechnik ist kein eigentliches Weben sondern ein Umwinden von 2 Fäden um gespannte Kettfäden von gleicher Art, im Winkel von 60 Grad. Auf jeden Kettfaden kommt ein sehr schmaler, beweglicher Schütze. In diesen Schützen lagern die auf Spulen gewickelten Bobinenfäden, die zwischen die Kettfäden eingebunden werden. Bei einer Arbeitsbreite von 4,5 Metern sind je nach der Feinheit der Erzeugnisse bis zu 3500 Schützen nötig.
Die einfachste und ungemusterte Form von Tüll konnte als Grundlage zur anschliessenden weiteren Verzierung auf die Stickmaschine aufgespannt werden.

Die Weiterentwicklung der Bobinentechnik ermöglichte immer kompliziertere Musterungen im Tüll. Diese neue Tüllarten benötigten weniger oder gar kein zusätzliches Besticken mehr:
- John Leavers (Leaversmaschine) veränderte mit einer zusätzlichen Einrichtung den Bindungsmechanismus.
- Eine seit 1840 eingebaute Jacquardeinrichtung, gesteuert mit Lochkarten vergrösserte die Möglichkeiten weiterhin (Bobinet Gardinenmaschine, in England: curtain machine).

 
Daten:

Im Jahre 1808 erhielt der Engländer John Heathcoat ein britisches Patent für seine Bobinetmaschine (engl. bobbin = Spule, net = Netz) zur Herstellung ungemusterter Tülle. Trotz Ausfuhrverbot fand sie rasch Verbreitung in Frankreich und Deutschland.

Leavers (Erfinder der Leavers-Maschine) gelang es, den Bindungsmechanismus der Heathcoat Maschine so zu verändern, dass im Tüll kleine Mustereffekte entstanden. 1835 wurde die Leaversmaschine mit der Jacquardeinrichtung weiter vervollkommnet.

Die Bobbinet Gardinenmaschine (in England curtain machine) ist eine Weiterentwicklung der Bobbinet Spitzenmaschine, die mit mehreren Fadensystemen arbeitet. Sie entstand aus dem Bedürfnis nach Vorhängen mit lockerer Textur. Englische Firmen in Nottingham stellten sie her. In Chemnitz in Sachsen (Deutschland) wurden diese Maschinen ebenfalls gebaut.

       











Bobinet Maschine zur Herstellung von Tuell (aus:Schöner, Spitzen)
 
einzelner Schütze zur Herstellung von Tuell (aus:Schöner, Spitzen)
 
schematische Darstellung der Tuell-Bindung

Tuell-Durchzugstickerei (Handarbeit) auf Maschinentuell
Privatsammlung Köln
 
Tuell-Durchzugstickerei (Handarbeit), Webstich, auf Maschinentuell, Privatsammlung Köln
 
Applikationsspitze Tuell mit Aetzstickerei (Maschine)
Privatsammlung Ennenda (Glarus)

Tuell (teilweise zweifach) mit Kettenstichmaschine
Ausschneidearbeit (Spachtelarbeit) von Hand
Sammlung Textilmuseum St.Gallen
 
Tuell mit Mousseline, Kettenstich, Langstich
Ausschneidearbeit (Spachtelarbeit) von Hand
Sammlung Textilmuseum St.Gallen
 


Tuell mit Mousseline, Kettenstich
Ausschneidearbeit (Spachtelarbeit) von Hand
Sammlung Textilmuseum St.Gallen

 


 

Photos der 6 Musterbeispiele: Anne Wanner

  Die Raschelmaschine
stellt ein Produkt her, das auf einer Maschen- oder Wirktechnik beruht. Eine frühe Form ist der in England 1859 konstruierte Fangkettenstuhl.

Auch hier lassen sich verschiedene Entwicklungsschritte unterscheiden. Hier findet keine weitere Bearbeitung auf der Schifflimaschine statt. Die Produkte sind hier lediglich aufgeführt, um die Verschiedenheit der Ergebnisse aufzuzeigen.

In der Kettenwirktechnik werden die Maschen durch viele Fäden in senkrechter Richtung gebildet. Jede Nadel arbeitet mit einem eigenen Kettfaden. Die Nadeln sind unterschiedlich geformt.

Maschinen mit Zungennadeln werden allgemein Raschelwirkmaschinen genannt, nach der französischen Schauspielerin Felice Rachèl. Sie machte die Produkte bekannt weil sie entsprechende Schals zu tragen pflegte.

 
Die Musterfadenzuführung erfolgt bei Spitzenraschelmaschinen über Musterbäume, auch Rollos genannt, bei Gardinenraschelmaschinen von Spulengattern. Die Muster entstehen über Steuerung der Legeschienen und mittels Jacquardmaschinen.

Neuere Entwicklung:
Seit dem Jahre 2003 wird die gesamte Baureihe erneuert. Im Mittelpunkt stehen ein neues Musterungssystem für noch mehr Vielfalt beim Materialeinsatz und Freiheitsgrade beim Dessin. Extrem große Versatzwege lassen grossflächige transparente Netzbereiche entstehen, bringen eine langbogige Linienführung in die Musterung und machen die übergangslose Fertigung unterschiedlichster Breiten von Spitzenbändern möglich.

Wofür:
Sie wird eingesetzt für die Herstellung von Filetgrund, tüllähnlichen Strukturen und Gardinen.

       

Raschelmaschine
 
schematische Darstellung des Fadenverlaufes. Aus: Schöner, Spitzen)
 
Raschelspitze. Aus: Schöner, Spitzen

           

home - content Last revised August 16, 2016