ANNE WANNER'S Textiles in History / symposiums



October 9 to 10, 2009
"Corpus Kölner Borten" Museum für angewandte Kunst, Köln,
conference autitorium: Prof Dr. Marita Bombek, Dr. Gudrun Sporbeck, Dr. Thomas Blisniewski, Ariane Koller,
e-mail
koelnerborten@gmail.com --- http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=12126




Dalmatik aus schwarzer Seide mit gewebten Besätzen, Köln, um 1450.
Köln, Erzbischöfliches Diözesanmuseum.
In: Museum Schnütgen, Die liturgischen Gewänder 11. bis 19. Jahrhundert,
Bestandskatalog von Gudrun Sporbeck, Köln, 2001, S. 132



  Koelner Gold, Koelner Garn, Koelner Borten.
Studien zur Kölner Textilwirtschaft und - produktion

Marita Bombek Köln:

Abstract:
Köln zählte mit Paris und London bereits im Mittelalter zu den großen und reichen Städten im damaligen Europa. Ihre Geschichte lässt sich bis in die römische Antike zurück verfolgen, etwa mit der Verleihung des römischen Stadtrechtes schon im Jahr 50 n. Chr. durch den römischen Kaiser Claudius als 'Colonia
Claudia Ära Agrippinensium' (Stadt des römischen Rechts, gegründet von Kaiser Claudius...).

Der Reichtum der Freien Reichstadt Köln (seit 1457) gründet auf dem Fernhandel und dem Stapelrecht. Ihre zentrale Marktposition war maßgebend für den Güteraustausch ganz verschiedener Waren und förderte ihre Machtstellung als Erzdiözese im „Alten Reich". Köln war ab 313 n. Chr. Bischofssitz und seit 785 Erzbistum.
Handel und Produktion von Textilien spielten im Mittelalter eine maßgebliche Rolle. Die Fernhandelskaufsleute für „kölnische" Waren - Tuche, Weine, Pelze, Seiden, Gewürze - hatten schon im 11. und 12. Jahrhundert frühe Niederlassungen u, a. in England, den Niederlanden und Skandinavien. Ihre Handels- und Bankverbindungen reichten im Norden bis nach Nowgorod, im Osten bis Konstantinopel, im Westen bis Flandern, Brabant, England und Spanien, im Süden bis Italien.

Als im Jahre 1396 der Verbundbrief mit einer Neuregelung der Stadtverfassung unter Mitbestimmung der Handwerkszünfte verabschiedet wurde, konnten Kölner Kaufherren und die herrschenden „Geschlechterfamilien" in Köln bereits auf eine lange Erfolgsgeschichte des Handels mit Kölner Produkten zurück blicken.

Welche Rolle textile Produkte wie Kölner Borten, Kölner Garn, Kölner Gold oder Kölner Tuche dabei spielen, wird in diesem Vortrag vorgestellt und über ihre Relevanz im Handel wird zu diskutieren sein.
Ebenso stellen sich Fragen nach dem Machtverhältnis von Handel und Handwerkszünften - auch nach den Kölner Frauenzünften - und der Bedeutung textiler Arbeit in vielen Konventen und Klöstern oder in
nicht zünftigen Werkstätten.

Beginen als gewerbliche Textilproduzentinnen? Eine Problemskizze
Letha Böhringer, Köln:

Abstract:
In zahlreichen Darstellungen zur Geschichte der Beginen ist zu lesen, dass diese intensiv mit der Herstellung von Textilien befasst waren. Dabei wird kaum zwischen Leinen-, Woll- und Seidenproduktion sowie zwischen Spinnen, Weben und anderen Techniken wie etwa Bortenherstellung unterschieden. Vielmehr finden sich weitgehende Behauptungen derart, dass die Frauen mittels ihres Gewerbes ihren Lebensunterhalt bestritten haben und wegen ihrer umfassenden gewerblichen Aktivitäten feindselige Reaktionen der Zünfte provozierten.

Diese verbreitete Vorstellung der „kecken und aufmüpfigen" Begine, die männliche Handwerker das Fürchten lehrte und aus diesem Grund allerlei Repressalien ausgesetzt war, soll in diesem Vortrag hinterfragt werden. Studien zu Beginen, die durchweg auf lokaler oder regionaler Basis angestellt werden, sind durchweg kaum mit Ergebnissen der Wirtschaftsgeschichte verknüpft, und die Quellenbasis ist für die Zeit vor 1400 recht schwach.

Die Lebensgrundlagen der Beginen sind weitgehend unerforscht; kritische Fragen nach ihren Möglichkeiten, Rohstoffe zu erwerben und Waren auf dem Markt anzubieten, wurden bislang kaum gestellt. Vielerorts liegen auch nur wenige Nachrichten über die Zünfte und ihre Hilfsgewerbe vor. Genauere Aussagen lassen sich erst für das 15. und 16. Jahrhundert treffen. Doch zu dieser Zeit wandelte sich die Struktur der Beginenkonvente und auch ihre soziale Rekrutierung, so dass Rückschlüsse auf frühere Epochen nur begrenzt möglich sind. Es erweist sich daher als außerordentlich problematisch nachzuweisen, dass Beginen und ihre Konvente hochwertiger Borten produzierten.

Literaturhinweise
zu:
Beginen als gewerbliche Textilproduzentinnen? Eine Problemskizze
- Ernst Scheyer, Die Kölner Bortenweberei des Mittelalters, Augsburg 1932,
- Karl Bücher, Die Frauenfrage im Mittelalter, 2. verb. Aufl, Tübingen 1910
- Martina Spies, Beginengemeinschaften in Frankfurt am Main. Zur Frage der genossenschaftlichen Selbstorganisation von Frauen im Mittelalter, Dortmund 1998
- Letha Böhringer, Kölner Beginen im Spätmittelalter - Leben zwischen Kloster und Welt, in: Geschichte in Köln 53 (2006), S. 7-34
- Margret Wensky, Die Stellung der Frau in der stadtkölnischen Wirtschaft im Spätmittelalter, Köln/Wien 1980
- Franz Irsigler, Kölner Wirtschaft im Spätmittelalter, in: Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, hg. von Hermann Kellenbenz unter Mitarbeit von Klara van Eyll, Köln 1975, S, 217-319;
- ders., Die wirtschaftliche Stellung der Stadt Köln im 14. und ausgehenden 15. Jahrhundert (VSWG Beihefte 65), Wiesbaden 1979
- Martha C. Howell, Women, Production and Patriarchy in Late Medieval Cities, Chicago 1986
- Frank-Michael Reichstein, Das Beginenwesen in Deutschland. Studien und Katalog (Wissenschaftliche Schriftenreihe Geschichte 9), Berlin 2001
Letha Böhringer. Beginen als Konkurrentinnen von Zunftgenossen? Kritische Anmerkungen am Beispiel Kölner Quellen des späten Mittelalters, in: Vielfalt der Geschichte. Lernen, Lehren und Erforschen vergangener Zeiten. Festgabe für Ingrid Heidrich zum 65. Geburtstag, Berlin 2004, S. 182-197;
- dies., Möglichkeiten und Grenzen der sozialen Einordnung von Kölner Beginen und ihren Familien, in: Städtische Gesellschaft und Kirche im Spätmittelaiter. Kolloquium Dhaun 2004, hg. von Sabine Klapp / Sigrid Schmitt (Geschichtliche Landeskunde 62), Stuttgart 2008, S. 167-188
- Walter Simons, Beguine Communities in the Medieval Low Countries 1200-1565,
Philadelphia 2001
- Marianne Gechter, Kirche und Klerus in der stadtkölnischen Wirtschaft im Spätmittelalter (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 28), Wiesbaden 1983
- Martina B. Klug, Armut und Arbeit in der Devotio moderna. Studien zum Leben der
Schwestern in niederrheinischen Gemeinschaften (Studien zur Geschichte und Kultur
Nordwesteuropas 15), Münster 2005


  Zur Genese der frühen Kölner Borten
Gudrun Sporbeck, Köln

Abstract:
Nach den wirtschaftshistorischen Quellen zu urteilen, nahm die Textilproduktion im spätmittelalterlichen Köln einen bedeutenden Rang ein, der der Stadt auf diesem Gebiet europäische Bedeutung verlieh.

Gewebte Goldborten zählen seit dem 12. Jahrhundert bis zur Reformation zu den besonderen Luxusgütern, die Kölner Werkstätten in besonderer Spezialisierung herstellten. Sie sind dabei zum
bestimmenden Bild einer durchaus vielfältigeren Textilproduktion der spätmittelalterlichen Hansestadt Köln geworden. Bekannt sind daneben auch Filetstickereien, qualitätvolle Wolltuche und Zeugdrucke Kölner Provenienz.

In die musealen Sammlungen gelangen Kölner Borten bis heute vorwiegend als Fragment. Die kleinen Abschnitte, die zwar motivisch aufschlussreich sind, über den ursprünglichen Überlieferungszusammenhang, den liturgischen und memorialen Kontext aber wenig verraten, sind zumeist unbekannter Herkunft und ohne erkennbaren Ortsbezug überliefert.
Die Funktionalität der Textilien im liturgischen Zusammenhang scheint die stilistische Entwicklung der Borten und Bandgewebe jedoch gestaltprägend beeinflusst zu haben.

Der Vortrag geht der Frage der Entwicklung der Kölner Borten nach, deren Farbigkeit und Motivspektrum sich schon früh ins Typische verdichtet.


 

Rote Samtkasel, Stab, Halbseidenborte, Köln, 15. Jh.
In: Museum Schnütgen, Die liturgischen Gewänder 11. bis 19. Jahrhundert,
Bestandskatalog von Gudrun Sporbeck, Köln 2001, S. 133
 

Detail aus: Dalmatika des Domherrn Melchior Duvel, Besätze 2. Hälfte 15. Jh., Inv. 283 (Gudrun Sporbeck),
Inschrift gewebt, Name Melchior Duvel gestickt;
in: der heilige Schatz im Dom zu Halberstadt, Barbara Pregla, Regensburg 2008, S. 266

 

Ikonographische Beobachtungen zu Kölner Borten
Thomas Blisniewski, Köln

Abstract:
Kölner Borten sind vor allem mit Darstellungen von Heiligen, kurzen Texten (Benennungen der Heiligen, Gebetsanfänge), Wappen, den Arma Christi und Ornamenten dekoriert. Eine Bevorzugung der Heiligen, die in Köln besondere Verehrung erfahren, lässt sich - vielleicht mit Ausnahme der Hl. Ursula - nicht feststellen. In aller Regel werden die Heiligen alleine mit ihren Attributen dargestellt. Narrationen, die dem AT oder NT oder Heiligenviten entlehnt wären, sind verhältnismäßig selten (Ausnahme: Kreuzigungsszenen).

Besondere Aufmerksamkeit sei auf die spezifische Funktion der Kölner Borten als Schmuck liturgischer Textilien gelegt;
1.) im Kontext der Liturgie; 2.) im Zusammenhang der bortenbedingten Bildformate
(schmal-hoch, ähnlich den Bildformaten von gotischen Fensterlanzetten).

Im liturgischen Zusammenhang scheinen die Gebetsanfänge sowie die Arma Christi hervorzuheben zu sein, vermögen gerade sie, die Gedanken und religiösen Übungen der Gläubigen zu lenken und leiten. Es zeigt sich, dass die Dekoration der Borten - vor allem des XV. und beginnenden XVI, Jhdts. - aufs engste mit der Frömmigkeitsgeschichte der Zeit verbunden ist.


Textiltechnologische Untersuchung der Kölner Borten
Monika Nürnberg, Köln

Abstract:
Der Vortrag erläutert die an den untersuchten Kölner Borten durchgeführten textiltechnischen Analysen und deren Ergebnisse.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Darstellung der Samitbindung, in der alle Kölner Borten gewebt wurden. Ferner wird auf die zur Herstellung der Borten verwendeten Materialien eingegangen.

Dann folgt eine kurze Zusammenfassung der weiteren Untersuchungsergebnisse, die u. a. die Maße und Formen der Borten und deren Erhaltungszustand dokumentieren. Den Abschluss des Vortrages bildet eine vergleichende Auswertung aller Ergebnisse.


 
Gestickt und gewebt:
Kölner Besätze und Borten des 15, Jahrhunderts im Vergleich.

Uta-Christiane Bergemann, Bochum und Krefeld

Abstract:
Im 15. Jahrhundert verstärkt sich neben der Produktion gewebter Kölner Borten der Markt gestickter Paramentenbesätze aus Kölner Werkstätten, die sich zu einem eigenen Verkaufsschlager im Bereich preiswerterer Luxusartikel entwickeln.

Zugleich nimmt die Bereicherung der Webborten mit gestickten Details zu. Diese Parallelentwicklung drängt zu den Fragen:
- Wie ist das Verhältnis dieser Stickbereicherungen zu den gleichzeitigen Kölner Gold- und Seidenstickereien?
- Welches sind deren Merkmale, und welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede lassen sich zu den Stickereien auf den Webborten herauskristallisieren?
- Wer waren die Gold- und Seidensticker und
- wer die Sticker der Webborten?
Diesen Fragen soll anhand von Analysen der Stickereien selbst nachgegangen werden.

Kölner Textilien im spätmittelalterlichen Italien
Thomas Ertl, Göttingen

Abstract:
„Köln ist die edelste und würdigste aller deutschen Städte", schrieb der apostolische Kollektor Marinus de Fregeno, der zwischen 1457 und 1478 durch Nordeuropa reiste, um die Abgaben an die päpstliche Kammer einzusammeln. Diese Einschätzung hat auch damit zu tun, dass die größte Stadt Deutschlands im späten Mittelalter über enge Handelsbeziehungen zu Italien verfügte und den Italienern daher besser bekannt war als die meisten anderen deutschen Städte.

Ein Zeichen für die Integration Köln in das italienische Bank- und Handelsnetz ist die dauerhafte Präsenz von italienischen Kaufleuten in der Stadt. Der Handel zwischen Köln und italienischen Städten umfasste eine große Spannbreite von Waren: Gewürze, Gemmen und Preziosen, vor allem aber Textilien und mit ihrer Verarbeitung verbundene Materialen: Aus dem Süden kamen unter anderem Rohseide und fertige Seidenstoffe, dorthin wurden englisches Tuch sowie Goldfaden, Seidentaschen, Barchent und Borten aus Köln exportiert. Der Vortrag soll ein Panorama der Handelsbeziehungen mit einem starken Fokus auf das Textilgewerbe bieten.


Überlegungen zu Funktion, Verwendung und Rezeption liturgischer Textilien aus päpstlichen Schenkungen des späten 13. Jahrhunderts.
Christiane Martina Elster, Köln/Rom

Abstract:
Liturgische Textilien konnten abgesehen von der Markierung ihres Trägers mit seinem „ordo" innerhalb der klerikalen Ämterhierarchie mit weiteren Bedeutungsebenen aufgeladen werden, z.B. wenn sie ihren Träger, ihren räumlichen Kontext und das liturgische Handlungsgefüge wechselten, in dem sie zum Einsatz kamen.

Dieser Vortrag geht am Beispiel liturgischer Textilien aus päpstlichen Schenkungen des späten 13. Jahrhunderts der Frage nach, wie sich Schenkungen, die zu einer solchen an Träger, Raum und Handlung gebundenen Neukontextualisierung der Paramente führten, auf ihre Deutung auswirkten.
Zunächst werden Formen und Modi päpstlicher Textil-Schenkungen des späten 13. Jahrhunderts vorgestellt, um davon ausgehend die Frage nach der Funktion der Schenkungen und ihrer Verwendung wie Deutung durch die Empfänger zu stellen. Ergänzend zu aus Schenkungen Nikolaus' IV. (1288-1292) und Bonifaz' VIII. (1294-1303) an die Kathedralen ihrer Heimatstädte Ascoli Piceno und Anagni erhaltenen Paramenten werden schriftliche Quellen wie Rechnungsbücher und Inventare herangezogen, die den Kontext der Schenkungsakte erschließen helfen.

Meine These ist, dass durch die Schenkungen päpstlicher Paramente und ihrer Zweitverwendung an den beschenkten Orten eine päpstliche Gedächtniskultur etabliert wurde, indem die Textilien als visuelle wie materielle Zeichen auf den Schenker bzw. das römische Papsttum verwiesen.


Die Verwendung liturgischer Gewänder nach dem Kölner Domordinarius
(Hanns Peter Neuheuser, Köln)


Abstract:
Im Zentrum der Darstellung steht die Verwendung der Paramente innerhalb der liturgischen Vollzüge an der Kölner Kathedrale. Als zentrale Quelle wird der Kölner Domordinarius der Zeit um 1322 herangezogen.

Nach einer Charakterisierung der Aussageintentionen erfolgt eine Auswertung der Quelle im Hinblick auf die eingesetzten Gewandtypen bei unterschiedlichen Anlässen und im Hinblick auf die Hierarchiestufen sowie die
Funktionen der Amtsträger.
Ferner wird der Einfluss der Fragestellung auf das Profil der Kölner Kathedralliturgie angesprochen.
Am Schluss steht der Ausblick auf die Forschungsdesiderate.

Insgesamt wird die Notwendigkeit eines interdisziplinären, kulturhistorischen Ansatzes innerhalb der Liturgiegeschichtsforschung betont.



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